Sonntag, 24. Februar 2013









Naturschutz
ist
Kulturlandschaft bewahren





Das Aspach-Manifest
des
Naturschutzbundes Österreich





vorgestellt anläßlich des

40. Naturschutztages
in Aspach / OÖ
21. bis 23. Mai  1998






Vorwort

Das Wort ‘Kulturlandschaft’ setzt sich zusammen aus den Wörtern ‘Kultur’ und ‘Landschaft’.
‘Landschaft’ oder ‘Land’ steht für das Vorgegebene, die ‘Natur’,  ‘Kultur’ für das Gesellschaftliche, für die umfassenden Äußerungen des Menschen: Arbeit, Kunst, Wirtschaft, Soziales, Wissenschaft,  Religion....
Dieses Manifest befaßt sich sehr stark mit dem Gesellschaftlichen. Nicht, weil dem Ökologischen keine große Bedeutung zugemessen  wird. Im Gegenteil. Da aber der Auswirkung des Gesellschaftlichen auf die Kulturlandschaft meist viel zu wenig Gewicht zugemessen wird, soll dies hier  einmal weitergehend abgehandelt werden.
Was dabei neu ist, sind nicht die historischen Tatsachen, sondern ist deren Zusammensicht hinsichtlich ihres Einflusses auf die Kulturlandschaft. Da damit die von den Bauern geschaffene Landschaft gemeint ist, ist die Kulturlandschaft so auch ein sichtbare Ausdruck der Geschichte der Bauern.

Vor 130 Jahren manifestierte das Staatsgrundgesetz von 1867, daß “ jeder Hörigkeits- und Untertänigkeitsverband für immer aufgehoben ” ist.    Damit unterscheidet sich unsere heutige Gesellschaft zutiefst von ihren Vorgängergesellschaften. Der Unterschied liegt in der persönlichen Freiheit des Menschen, wodurch dieser erst zum Individuum wird. Diese persönliche Freiheit ist aber ohne die Rechtsinstitution des Eigentums nicht denkbar: Sie bestimmt sich fundamental im Eigentum des Menschen an sich selbst. Er  ist frei, aber auch existenziell auf sich selbst gestellt.
Gerade für die Bauern ist das von großer Bedeutung,  stehen sie doch  heute zwischen der Bewahrung ihrer Freiheit und der Bedrohung ihrer  Existenz.
Wenn nun dieses Manifest als seine zentrale Botschaft kundtut,  ‘Kulturlandschaft braucht Bauern’, dann heißt das, daß es zu aller erst um das Überleben der Bauern gehen muß. Denn ohne Bauern gibt es keine Kulturlandschaft und jeder Naturschutz in ihr wird hinfällig.
Wenn sich deshalb der Naturschutzbund der vordringlichen Aufgabe stellt, mit den Bauern zu kooperieren,  so muß dies doch mit aller Vorsicht geschehen. Denn es geht nicht nur um das wirtschaftliche Überleben der Bauern, sondern auch um deren Selbstverständnis jenseits jeder neuen Form von Hörigkeit.
In diesem Sinn bewegt sich dieses Manifest abseits von jeder naturschützerischen Bevormundung der Bauern und spricht  ganz bewußt von einer ‘Begleitung’.

Es ist die Institution ‘Eigentum’, die für unsere Gesellschaft und deren Äußerungen insbesondere in Form der wirtschaftlichen Handlungen das Fundament schafft.  Eine Analyse der Auswirkungen auf  den Naturschutz, die Landbewirtschaftung, die Kulturlandschaft und die Raumordnung kann deshalb an dieser Verfassungsinstitution nicht vorbei. Die kritische Hinterfragung ihrer Licht- und  Schattenseiten darf aber  mit keiner Silbe dahingehend verstanden werden, Eigentum beseitigen zu wollen. Doch muß es  Ziel einer ökologischen Politik sein, diese Freiheit des Eigentums im Sinne des Gemeinwohls und darüber hinaus der Schöpfung zu begrenzen. Damit bewegt sich dieses Manifest dort,  wo auch  die Arbeit von P. Pernthaler / K. Weber / N. Wimmer[i] als Fortführung des im Jahr 1986 veröffentlichten ‘Umweltmanifestes’[ii] angesiedelt ist.

Bleibt mir noch Dank auszusprechen an all jene, die die Entwürfe kritisch gelesen und kommentiert haben. Insbesondere danke ich Kurt Fritscher, Hermann Frühstück, Kurt Malicek, Eva Mössler, Fritz Schwarz, Gerhard Strohmeier, Wolfgang Suske, Roman Türk, Kurt Zukrigl für ihre kritischen Anmerkungen. Von W. Suske stammen insbesonders die Inhalte des Teiles 2 des Manifestes. Sein dynamischer Zugang zu der Frage hat vieles weitere  beeinflußt. Es ist zu hoffen, daß damit dem Leser vermittelt wird, was unter Kulturlandschaft und deren Bewahrung gemeint ist.
Das Manifest aber soll auch vermitteln, was die Vertreter der Bauern denken und daß es hier deutliche Annäherungen gegeben hat.

Linz, im April 1998

Ernst Dorfner


















  

Teil A:  Die  Aufgabenstellung



Natur schützen -
Kulturlandschaft bewahren-
Bauern erhalten

Nicht der nostalgische Blick zurück, sondern eine aktuelle Frage


Die Bewahrung unserer über Jahrhunderte, wenn nicht über Jahrtausende gewachsenen Kulturlandschaft mag von manchem als romantische Marotte saturierter Zeitgenossen gesehen werden, die ihren Blick biedermeierlich-nostalgisch verklärt rückwärts wenden. Dem kann von Fall zu Fall auch so sein. Gerade aber wer den  Blick vorwärts in die Zukunft richtet und auch andere Eindrücke sammelt als nur europäische,  müssen wir erkennen, daß eben diese Frage eine brennende weit über Europa hinaus ist.

Wir müssen uns der Frage stellen:  Was geschieht mit unserem Kulturland, wenn sich die städtischen Agglomerationen immer mehr mit Menschen füllen und das ‘flache Land’ sich immer mehr entleert? Kann das im Interesse der Naturschützer liegen, wenn nur mehr Gunstlagen genutzt - oder übernutzt - , die Ungunstlagen aber zur ‘Wilderness’ werden?

Wir müssen uns dieser Frage auch deshalb stellen, weil sie in der EU ansteht.

Dort steht ein Beschluß über die EU-Finanzierung ab dem Jahr 2000 an. Die bisherigen Agrar- und Strukturfonds laufen ja Ende 1999 aus. Im selben Jahr stehen neue WTO[iii]-Verhandlungen bevor. Und es
geht um die Integration weiterer sechs neuer Mitgliedsstaaten[iv], der sgn. ‘Osterweiterung’.
Dabei soll der Finanzierungsrahmen der EU in Höhe von (max.) 1,27 Prozent des Bruttosozialproduktes der EU  - oder 2,36 Prozent der Summe der Budgets der 15 EU-Länder - wie bisher beibehalten werden. Mit diesem vergleichsweise wenigen Geld wird dann real jene EU-Politik gemacht, auf die alle so gebannt blicken und neue Weichenstellungen erwarten.  Und wenn davon auch derzeit an die 50 Prozent in die Landwirtschaft fließen, dann sind es doch nur etwa 0,6 Prozent der ganzen  Wertschöpfung  der EU.

Von der EU wird ja eine Absenkung der institutionellen Preise[v] für die landwirtschaftlichen Hauptprodukte[vi]  auf Weltmarktniveau vorgeschlagen, um den EU-Haushalt weiter von Zahlungen für Exportsubventionierungen zu entlasten[vii]. Als Ausgleich sollen die in Richtung Umwelt- und Sozialverträglichkeit orientierten Direktzahlungen  aufgestockt werden und als Marktordnungsmaßnahmen gelten, wobei die Absicht besteht, die bisher unter diesem Titel laufenden Zahlungen zurückzunehmen. Umwelt- und Naturschutz  sowie Soziales sollen so nicht mehr ‘nur’ flankierende Maßnahmen sein, sondern in die zentralen Politikbereiche integriert werden.

Doch es geht nicht nur um die Frage, wieweit sich der Landwirtschaftskommissär mit seinen Vorschlägen im Streit um das vorhandene Geld für die nächsten Jahre durchsetzen kann. Es geht vielmehr darum, ob das EU-Budget und die nationalen Budgets insgesamt den auf sie zukommenden Aufgaben - und das nicht nur im Rahmen der Ost-Erweiterung - gewachsen sind. Hier bestehen größte Befürchtungen seitens der Landwirtschaft
Auch die Naturschützer haben hier eine Entscheidung zu treffen, die sich im Rahmen der ‘Agenda 2000’ ganz deutlich in der Frage stellen wird: Verlangt Naturschutz und Nachhaltigkeit auch und nicht zuletzt, Kulturlandschaft durch Nutzung zu bewahren?

Selbstredend können sich  die Naturschützer auch so entscheiden, daß sie Gesellschaft und damit auch die Wirtschaft auf der einen Seite und die Natur auf der anderen Seite streng separieren. Hier intensivst genutzte Agrar-Gunstlagen, dort ganz und gar der Natur überlassene Ungunstlagen. Und zwischen beiden kein Verbund.
Wenn das nun aber Naturschützern nicht wollen, dann gilt es, den Blick zu erweitern und im Sinne von ökologischer Politik die zu unterstützen, die allein die Kulturlandschaft bewahren können: Die Bauern, auch wenn es heute noch sehr viel an der Art und Weise, wie sie wirtschaften, zu kritisieren gibt. Ohne Bauern aber wird Naturschutz in der Kulturlandschaft hinfällig, weil es diese nicht mehr geben wird.

Es geht also nicht um flankierenden Natur- und Umweltschutz, sondern darum, die Landwirtschaft - und nicht nur diese - so auszurichten, daß sie in sich natur- und umweltvertäglich ist. Dabei ein entscheidendes Wort mitzureden und die Richtung mitzubestimmen, muß Aufgabe auch der Natur- und Umweltschutzorganisationen sein.

Wodurch aber wird die rasende Dynamik ausgelöst?

Wenn nun aber die Naturschützer in der Ausrichtung der Agrarpolitik mitreden wollen, dann müssen sie sich auch mit deren zentralen Fragen beschäftigen. Und eine der wichtigste heißt nun einmal: Wie kann die bäuerliche Bewirtschaftung des ländlichen Raumes gesichert werden? Dabei geht es  nicht zuletzt um die Sicherung eines adäquaten Einkommens der bäuerlichen Bevölkerung.
Daß dieses der Markt für die herkömmlichen bzw. noch verbleibenden landwirtschaftlichen Produkte nicht sichern kann, ist allseits anerkannt, ebenso wie die Bauern auch für die Bereitstellung des Gutes ‘Landschafts- und Naturschutz’ für die Öffentlichkeit durch die Öffentlichkeit entlohnt werden müssen. Die große Frage aber wird sein, ob diese Öffentlichkeit diese Mittel nicht nur bereitstellen will, sondern auch kann.
Diese Frage aber kann nicht einfach mit einem ‘Sie muß es’  beantwortet werden, weil die Entwicklung, die sowohl hinter uns als auch noch vor uns liegt, viel zu komplex ist, um sie so kurz beantworten zu können.

Es stellt sich also die Frage, wodurch die selbstzerstörerische  Dynamik in der Veränderung der Bewirtschaftung des Landes im zu Ende gehenden Jahrhundert ausgelöst worden ist, nachdem sich vorher nur sehr wenig geändert hat.  Zu Beginn des 18. Jh. mußten immer noch 80 von 100 Menschen für die unmittelbare Befriedigung existenzieller Bedürfnisse in der Landwirtschaft tätig sein. Für einen Naturschutzgedanken war da keine Zeit. Und doch haben die Menschen weitgehend das hervorgebracht, was wir heute schützen wollen. Heute sind es nur mehr 3 bis 5 von 100. Und wir haben Zeit für Naturschutzgedanken. Und zerstören dabei dennoch das Schützenswerte. 
Sicher ist es nicht die EU, die das bewirkt, wenn auch lange Zeit diese bzw. die EWG jene Tendenz noch zusätzlich unterstützt hat. Die grundsätzliche Entwicklung aber hat die EU bereits geerbt.

Wodurch also wird dieser zerstörerische Wandel bewirkt?
Mit dem Aspacher Manifest wird der Versuch unternommen, dieser Frage näher zu treten. Um vielleicht auch Antworten zu finden.









Teil B: Das Manifest



Kulturlandschaft braucht Bauern



1. Vom Villacher Manifest zur Ökosozialen Konvention

1.1
Der Naturschutzbund hat versteht sich als Anwalt der bäuerlichen[viii] Kulturlandschaft. Zum Ausdruck gebracht wird dies insbesondere im ‘Villacher Manifest’ von 1976, welches sich vehement gegen die Intentionen des ’Mansholt[ix]-Planes’ und dessen Devise des ‘Wachsen oder Weichens’ wendet.

Mit dem ‘Villacher Manifest’ zählt der  Naturschutzbund zu den ersten Kritikern der durch den ‘Mansholt-Plan’ forcierten industrieähnlichen Produktion in der Landwirtschaft, die nur mehr großen, durchrationalisierten Betrieben eine Chance gibt. Vor allem bereitet ihm die Zerstörung der gewachsenen Kulturlandschaft und der natürlichen Fruchtbarkeit der Ackerkrume durch die Chemisierung der Landwirtschaft große Sorge.
Der  NB Österreich wir damit auch zu einem der Wegbereiter für den Bio-Landbau, der sich  relativ stark ausgebreitet hat.

Im Villacher Manifest aber haben die Vertreter des Naturschutzbundes auch ihr Bekenntnis zu den Bauern und zum Schutz der Kulturlandschaft zum Ausdruck gebracht:
“Wir sehen es als unsere Pflicht, jene Fehlentwicklungen des modernen Agrarsystems, die uns andere Industriestaaten in extremer Form vor Augen führen, von Österreich fernzuhalten. Wir verstehen uns als öffentliche Ankläger, als Anwälte der Bauern, der österreichischen Kulturlandschaft und der Konsumentenschaft.” [x]

1.2.
Das Villacher Manifest ist zusammen mit  anderen Vorschlägen einer der Vorläufer des Programms einer ‘ökosozialen Agrarpolitik’. [xi]Diese Vorschläge sehen den Erhalt und die Pflege der Kulturlandschaft als wesentliche bäuerliche Leistung  für die Gesellschaft und sie fordern deren Entlohnung durch die Gesellschaft als integralen Bestandteil des Einkommens der Bauern.

Es freut den Naturschutzbund, daß das ‘Villacher Manifest’ bei der Ausarbeitung der ‘öko-sozialen Agrarpolitik’ als eine maßgebliche Grundlagen Verwendung gefunden hat.[xii]

Zu den Vorläufern zählt auch die Veröffentlichung von Binswanger/ Geisberger/ Ginsburg, ‘Wege aus der Wohlstandsfalle’. Dort heißt es:
“Als Lösung drängt sich eine direkte Einkommenszahlung an die Bauern auf. Dadurch werden drei Ziele anvisiert:
-- soziale Sicherheit für die Bauernfamilie;
-- Einordnung der Landwirtschaft in den Naturhaushalt;
-- Entgelt für der dem Gemeinwohl dienenden Landschaftspflege durch einen ökologischen           
    Landbau.
Kriterien für die Auszahlung dieser produktionsunabhängigen direkten Beiträge an die Bauern wären im Sinne der angestrebten Ziele:
1. Flächenbeiträge für die nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus bewirtschafteten 
    Landwirtschaftsgebiete;
2. Sozialbeiträge zur Sicherung einer Existenzgrundlage der Bauernfamilie[xiii].
Um die Produktion im Sinne unserer Zielsetzungen (Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, gesunde Ernährung durch die Produkte der eigenen Landwirtschaft) zu beeinflussen, sollten die Flächenbeiträge durch ein entsprechendes Prämiensystem ergänzt werden.”[xiv]

Diese vor nun schon zwanzig Jahren entwickelten Forderungen der Natur-und Umweltschützer gelten in ihrem Kern gleichermaßen auch heute noch.

2. Naturschutz in der Kulturlandschaft

2.1.
Kulturlandschaft ist jede von Menschen genützte Landschaft. Sie ist Ausdruck der Kultur, also der gesellschaftlichen und damit auch wirtschaftlichen Äußerungen des Menschen. In der Kulturlandschaft widerspiegelt sich damit auch die Bedeutung, die der Mensch der Natur und Landschaft beimißt.  Im weiteren wird unter Kulturlandschaft  eine ländliche Landschaft verstanden, die Nutzung und ausreichende ökologische Entwicklungsfähigkeit vereint und die den Menschen auch Heimat ist.

Mit dem Begriff ‘Kulturlandschaft’ verbindet sich meist das emotionale Bild einer reich und kleinteilig gegliederten, abwechslungsreichen Landschaft aus bunten Wäldern, blumenreichen Wiesen und Feldern, in letztere eingebettet Raine, Hecken und Feldgehölze.
In diesem Sinn äußert sich auch die ’Ökosozialen Konvention zur Europäischen Agrarpolitik’. Einleitend heißt es dort: “Das Gesicht Europas wurde seit mehr als tausend Jahren durch Bauern und durch die Landbewirtschaftung gestaltet: Gepflegte Äcker, Wiesen, Gärten und Wälder, Gehöfte, Weiler und Dörfer in ihrer Schönheit als Ausdruck des wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Lebensgefühls der Landbevölkerung.” [xv]
Der solcherart leicht romantisierende Zugang des heutigen Menschen zu dieser ‘gepflegten Landschaft’ läßt  dabei vergessen, daß diese Pflege durch eine Nutzung erfolgt ist, die vielmehr Ausdruck von Armut als von Reichtum gewesen ist. Etwa sind Gstettn’ und Raine die Futterbringer für die Ziegen der armen Kleinhäusler und Taglöhner. Dennoch aber sind die Wiesen, Felder, Waldflecken und Gstettn für die meist recht karg davon lebenden Menschen mehr als nur produzierender Boden. Alle diese Flecken haben ihre Name, sind mit Erinnerungen verbunden.

Diese Vielfalt verliert sich aber immer mehr durch die Herrschaft einer weltweiten Einfalt ökonomischer Systemzwänge. Die Entwicklungsmöglichkeiten und Potentiale unserer Landschaften sind in einem hohem Ausmaß dezimiert worden. Der Artenverlust der Pflanzen- und Tierwelt ist Zeichen für eine drastische Vereinheitlichung und Monotonisierung unserer Landschaft.

2.2.
Moderner Naturschutz in der Kulturlandschaft zielt nicht auf den Schutz eines bestimmten Erscheinungsbildes ab, sondern versteht Schutz als dynamischen Begriff. Es geht um eine aktive Mitgestaltung des Entwicklungsprozesses der Landschaft und damit auch um eine natur- und umweltverträgliche Landbewirtschaftung.

Naturschutz muß scheitern, wenn er darauf beharrt, der dynamischen Entwicklung in der Landschaft entgegenwirken zu wollen, indem er ganz bestimmte Entwicklungszustände zu halten versucht.  Er muß vielmehr die Entwicklungsfähigkeit einer Landschaft zum Ziel haben.
Für diese Entwicklungsfähigkeit bedarf es aber geeigneter Strukturen, die eine Artenvielfalt aufrecht zu erhalten imstande sind, die über jene des genutzten Landes weit hinausgeht. Über die in sich vernetzten Hecken- und Rainzüge hinaus und mit diesen vernetzt sind so auch Naturwiesen- und Naturwaldreservate [xvi] als Evolutionsräume erforderlich, in denen die Evolutionsdynamik weiter wirksam sein kann. ‘Natura 2000’-Gebiete[xvii] sind damit nicht Gebiete abseits der Kulturlandschaft, sondern wesentlicher Bestandteil davon.
  
Daraus aber folgt, daß Landschaftsentwicklung[xviii] “statt meist nur an Arten oder Ästhetik orientierten Bewertungen und Zielsetzungen einen nutzungsintegrierten und -integrierenden Naturschutz und damit umweltverträglichere Landbewirtschaftungsformen anstreben und vertreten”[xix] soll. Nur durch den Zusammenfluß solcher kulturell unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen mit dem jeweils vorhandenen  Naturraumpotential entsteht die Vielfalt von Kulturlandschaften.
Es geht nicht darum,  Innovation auszuschalten. Es geht vielmehr um die aktive Begleitung des manchmal recht turbulenten Prozesses,  d.h., Kulturlandschaft mit klaren naturschutzfachlichen Zielen mitzugestalten. Das macht den Naturschutz zu einem wichtigen neuen Mitverhandler.

Die Effizienz der Mitverhandlung des Naturschutzes aber ist abhängig von der Qualität des naturschutz-eigenen Argumentationsgebäudes. Der Naturschutz braucht daher auch die Mittel, um dieses Argumentationsgebäude aufbauen zu können.

2.3      
Kulturlandschaft und deren Bewahrung ist als nicht mehr weiter zu hinterfragende Werthaltungen auch eine politische Kategorie, mit der die Abgeltung der Kosten einer ökologisch ausgerichteten Landbewirtschaftung begründet wird.  Der Naturschutz muß sie hierbei begleiten.  Die vorgeschlagenen Maßnahmen, insbesondere die der Finanzierung [xx], bleiben aber in die gegenwärtigen gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturen  und Abhängigkeiten eingebettet.

Der Begriff ‘Heimat’ verbindet sich  ‘Geborgenheit’und ‘Wirtlichkeit’ als ein Grundbedürfnis der Menschen.  Wirtlichkeit unserer Landschaft zu erhalten und zu entwickeln, ist mit eine der Hauptaufgaben des Naturschutzes in Form einer Prozeßbegleitung. Geborgenheit und Wirtlichkeit sind auch wesentliche Kriterien für ihre Nutzung als Erholungs- und Erlebnisraum und so für den Tourismus von großer Bedeutung.  In diesem Sinn arbeitet er auch diesem zu.

Mit der Rolle des Mitverhandlers bekommen auch Grundlagenarbeiten und Entwicklungskonzepte für den Naturschutz eine neue Dimension. Formungsmöglichkeiten gewünschter zukünftiger Landschaftszustände müssen ausschöpfend dargestellt werden - z.B. Waldanteile, Offenlandanteile, hydrologische Verhältnisse u.ä. m.-, die sich nicht nur aus dem aktuellen Erscheinungsbild, sondern vor allem aus dem Potential der heutigen Landschaftssituation ergeben.
Diese Wirtlichkeit bleibt aber trotzdem Kollektivgut, von dessen Konsum niemand ausgeschlossen werden kann. So ist es auch nicht marktfähig.

Diese Prozeßbegleitung kostet dennoch Geld, über das die Budgets der Naturschutzabteilungen nicht verfügen. Hier erhebt sich deshalb die Frage, ob denn der Naturschutz nicht stärker aus den Landwirtschaftsbudgets finanziert werden  müßte, da sich die Landwirtschaft ja nun auf den Naturschutz beruft und beide nur gemeinsam diese Wirtlichkeit bereitstellen können: Die einen als Berater, die anderen aber nicht nur als die potentiellen Umsetzer, sondern auch als Eigentümer jener Flächen, über die nun auch der Naturschutz - und damit die Allgemeinheit - mitverfügen möchte.

Insofern ist hier eine Lösung nicht nur vom guten Willen der Beteiligten abhängig. Denn es geht nicht nur um den Anteil aus den Mitteln für die Agrarpolitik, mit dem Leistungen des Naturschutzes nachgefragt werden.  Es geht auch um den Eingriff in die Besitzstände der Grundeigentümer, insbesondere der Bauern.
Dabei  zeigt sich immer deutlicher die Crux: Der Staat, der für Naturschutzarbeiten und -ablösen Geld bereitstellen soll,  ist mit seinen Einnahmen wiederum abhängig von einer florierenden Wirtschaft, die ihrerseits gerade das vernutzt und verbraucht, was Naturschützer schützen möchten. Der Naturschutz gerät so in die ökonomische Falle.
Im Teil C wird näher darauf eingegangen.

3.  Vorschläge und  Hoffnungen

Weiters  macht der Naturschutzbund  Österreich geltend:

3.1
Eine nachhaltige Bewirtschaftung des ländlichen Raumes kann unter den Bedingungen  des Weltmarktes und eines weltweiten Verdrängungswettbewerbes  unter total ungleichen sozialen und ökologischen Rahmenbedingungen nicht bestehen.  Andererseits ist es fraglich, ob der volle Einkommensausgleich über Direktförderungen möglich ist. Die Ausnützung der in den WTO-Vereinbarungen festgelegten Möglichkeiten für einen Außenschutz wird deshalb auch vom NB Österreich unterstützt. 

Die konstruktive Kritik der Natur- und Umweltschützer scheint nach nun  zwanzig Jahren doch ihre Früchte zu tragen. Die Vertreter der österreichischen Landwirtschaft  haben die daraus weiterentwickelten Ideen bis hinein in die Spitzengremien der EU getragen.[xxi]
So können wir heute als Naturschützer insbesondere die zur Diskussion gestellte ‘Ökosoziale Konvention zur Europäischen Agrarpolitik’  weitgehend unterstützen.

Nach der ehedem subventionsgestützten Überschußproduktion der EU ist es nun im Rahmen der WTO-Vereinbarungen  der Weltmarkt, der auch in der EU die Preise  immer mehr diktiert. So wird durch die EU eine Absenkung der Interventionspreise auf  Weltmarktniveau vorgeschlagen.  Da  aber unter diesen Bedingungen eine nachhaltige Landbewirtschaftung in einer vielfach kleinstrukturierten  Kulturlandschaft  nicht erhalten werden kann, schlägt die Landwirtschaftskommission vor, deren Erhalt  - so wie auch andere Leistungen einer nachhaltigen Landbewirtschaftung -  durch Direktförderung separat zu honorieren.
Nun aber wird von Vertretern der Landwirtschaft angezweifelt, daß diese Honorierung - zumindest in ausreichender Höhe - unter den Bedingungen eines globalisierten Marktes mit total unterschiedlichen sozialen und ökologischen Rahmenbedingungen auf  Dauer leistbar ist.
Deshalb wird als eine neue Forderung ein wirksamer Außenschutz für die Landwirtschaft verlangt, um “einerseits unzumutbare Markt- und Preisstörungen von der EU fernzuhalten und andererseits die hohen ökologischen und Qualitätsanforderungen an unsere Landwirtschaft abzusichern.”[xxii]
Insgesamt wird ein Mix verschiedener Instrumentarien notwendig. Diese werden unter 3.2. und 3.3. näher behandelt.

3.2.
Der NB Österreich verlangt die generelle Ausrichtung auf ein ökologische Landwirtschaft , die als Kreislauf-Wirtschaft weitgehend mit eigenen Betriebsmitteln auszukommen versucht.  Da diese Form am wenigsten marktabhängig ist,  könnte sie einer der Bereiche sein, von dem eine generelle wirtschaftliche Wende hin zu Sustainability ausgeht.. Dazu aber ist ein über dem Weltmarktpreis liegender Interventionspreis festzulegen, der die Kosten bei ökologischer Bewirtschaftung abzudecken imstande ist.  Bei nicht ökologischer Bewirtschaftung wird die Kostendifferenz zu jener in Form einer Abgabe abgeschöpft, die bei Export  refundiert wird.

Die ökologische Landwirtschaft, die sich bemüht, mit den eigenen und von der Natur kostenlos bereitgestellten  Ressourcen auszukommen, braucht auch die wenigste Fremdfinanzierung. Sie ist  am ehesten autark und so am ehesten auch in der Lage, ihre Schritte unabhängig von Zahlungsterminen zu gestalten. So kann sie am ehesten wieder zu einer regionalen Märkte-Wirtschaft  - im Gegensatz zur globalisierten Marktwirtschaft - zurückzukehren. Insgesamt scheint sie damit die zukunftsfähigste Form der Bewirtschaftung zu sein, die auch eine Krise des Kredit- und Industriesystems bewältigen kann.
Damit wendet sich der NB Österreich nicht nur aus ökologischen Gründen  vehement gegen die Einführung der Gentechnik in der Landwirtschaft.  Diese würde ja auch die Abhängigkeit von der Industrie und der Kreditfinanzierung noch wesentlich verstärken.

Wird die Landwirtschaft jedoch  ökologisiert, müßten die Marktpreise für die landwirtschaftlichen Hauptprodukte Getreide, Rinder, Milch über dem Weltmarktniveau liegen[xxiii]. Dementsprechend ist der EU-Interventionspreis so anzusetzen, daß er die Mehrkosten bei ökologischer Produktion in Gunstlagen abdecken kann. Eine Reduzierung der bei nicht-ökologischer Produktionsweise erzielten Überschüsse darf dabei erwartet werden. Für nicht-ökologisch erzeugte Importe müßten dann ‘Abschöpfungen’ gegenüber dem niedrigeren Weltmarktniveau als ‘green-box’-fähige Maßnahmen entsprechend der WTO-Regeln [xxiv] eingehoben werden. Gleichermaßen ist für eine nicht-ökologische Binnen-Produktion eine entsprechende Abgabe einzuführen. Diese Abgabe könnte als allgemeine Bewirtschaftungsabgabe eingeführt werden, die für alle jene Betriebe entfällt, die bei einem anerkannten Verein für ökologische Bewirtschaftung zugelassen sind.
Darüber hinausgehende Förderung von Ungunstlagen bleiben davon unberührt.

3.3.
Die geschilderten marktregulierenden Maßnahmen werden allein nicht ausreichen, die Nutzung der Kulturlandschaft und damit deren Erhalt auch in Ungunstlagen sicherzustellen. Die Naturschützern, denen es auch um den Erhalt der Kulturlandschaft in Ungunstlagen  geht,  müssen  sich zusammen mit anderen Bürgergruppen  um die  demokratische Legitimierung der  für diesen Erhalt notwendigen öffentlichen Finanzierung bemühen. Der NB Österreich fühlt sich in diesem Sinn  verpflichtet, diesbezüglich die Naturschützer anzurufen.

Die Kulturlandschaft  lebt insbesondere von der nachhaltige Bewirtschaftung  von Ungunstlagen in Mittel- und Hochgebirgslandschaften, aber auch anderswo. Gerade hier wird Kukturlandschaft ein von der Gesellschaft begehrtes Gut, welches jedoch nicht marktfähig ist. Die Honorierung  der hierfür erbrachten Leistung – insbesondere der menschlichen Arbeit - der Bauern für die Gemeinschaft  kann  immer nur durch die Gemeinschaft erfolgen. Sie benötigt dafür ein  positives politisches Klima, das sich in der öffentlichen Meinung manifestiert. Hierfür  muß ständig durch NGOs geworben werden.
Allerdings kann dieser Vertrag  mit der Zeit durch einen anderen Pakt zwischen Bauern und Konsumenten zumindest teilweise ersetzt werden, wenn letztere gerade bei Abkehr vom globalen Markt im zunehmenden Maß zum Austausch von Gütern und Leistungen auf regionalen Märkten und in diesen Sinn zu mehr Gegenseitigkeit[xxv] zurückzukehren.

3.4.
Der NB Österreich vertritt die Meinung, daß eine flächendeckende Ökologisierung der Landwirtschaft und  Vertiefung der landwirtschaftliche Wertschöpfung  hinsichtlich ihrer Klimarelevanz  und auch agrarpolitisch hinsichtlich der Einkommenssicherung Vorrang haben sollte vor einer Umstellung auf die Produktion von nachwachsenden Rohstoffen [xxvi].  Diese Ökologisierung sollte auch Vorrang haben vor den sgn. ‘Erwerbskombinationen’.

Hinsichtlich einer generellen Ökologisierung der Landwirtschaft und damit Ausrichtung auf Reduzierung des Fremdenergie- und Fremdmitteleinsatzes vor einer Umstellung auf  die Produktion von nachwachsenden Rohstoffen folgen wir im Gegensatz zum Ökosozialen Forum den Vorschlägen der Studie ‘Zukunftsfähiges Deutschland’.[xxvii] Und auch Hans C. Binswanger rät vom Umstieg auf nachwachsende Rohstoffe als Energieträger ab: “Es ist gefährlich, die Bauern in einen Markt hineinzuführen [...], in dem  die Preiskonkurrenz dominiert und die Qualität überhaupt keine Rolle spielt. Es geht im Gegenteil für den Bauern darum, durch Produktion hochstehender, biologisch einwandfreier und gesunder Nahrungsmittel einen Markt zu  schaffen, bei dem nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität im Preis honoriert wird.”[xxviii]
Der NB Österreich verhehlt auch nicht seine Skepsis gegenüber den sgn. ‘Erwerbskombinationen’, wobei Bauern sich zusätzliche Einnahmequellen in Form touristischer und Bildungsangeboten schaffen sollten. Es ist zu befürchten, daß dabei eine totale Überforderung der bäuerlichen Familie, insbesonders der Bäuerin,  eintritt. Die Bauern, die dafür in Frage kommen, haben ja nicht zu wenig Arbeit, sondern bekommen zu wenig an  Einkommen dafür.  Deshalb müssen sie zu Lasten der Natur rationalisieren.

3.5.
In unserer Gesellschaft und deren Verfassung hat der Schutz des Eigentums höchste Priorität. Insbesondere für die Bauern verbindet sich aus historischen  Gründen mit ihrem Eigentum auch ihre persönliche Freiheit. Natur und Umwelt als individuelles Eigentum rangiert deshalb rechtlich und mental vor der Natur und Umwelt als  gemeinsame Lebensgrundlage. Eine umweltverträgliche und nachhaltige Bewirtschaftung des ländlichen Raumes muß mit diesem Widerspruch zurechtkommen. Dies ist auch eine faktische Voraussetzung für die Raumplanung und für den Naturschutz.

Das Eigentum und die freie Verfügbarkeit über dieses ist für Bauern etwas sehr emotionsgeladenes, verbindet sich doch damit ganz stark auch ihre persönliche Freiheit. Eingriffe in ihr Eigentum werden daher emotional immer auch als Eingriffe in ihre Freiheit gesehen.
Bei aller Anerkennung des hohen rechtlichen Stellenwertes des Eigentums in unserer Gesellschaft, welches auch die Menschenrechte als ‘das alleinige Eigentum an Sich selbst’ begründet, wird aber über unverpflichtetes individuelles Eigentum und dem Beharren auf daraus abgeleitete individuelle Rechte eine nachhaltige Gesellschaft gerade nicht zustande kommen. Eine nachhaltige Gesellschaft gründet ja im Gegensatz dazu auf der Vorstellung einer allen Menschen - oder darüber hinaus sogar allen Lebewesen - gemeinsam gehörenden Lebensgrundlage.
Die derzeitigen ökosozialen Ansätze basieren zum Gutteil auf der Vorstellung, Eingriffe in das Eigentum finanziell abzulösen, etwa in Form von Vertragsnaturschutz, einen Wasserschilling u.ä.m.. Dies aber ist nur möglich über eine Belastung der Konsumenten oder des industriellen Sektors. Diese Industrie wiederum, angetrieben durch den Wettbewerb, ist nur solange lebensfähig, wie sie - auch auf Kosten einer nicht-industriellen, nicht geldwirtschaftlichen Landwirtschaft - wachsen kann, sich in die nichtkapitalistische Umgebung hineinfressen kann. Dieser Prozeß aber muß sich zwangsläufig zu Tode laufen, wenn  einmal alles aufgefressen ist.
Das gemeinsame Eintreten für die gemeinsame Lebensgrundlage wird somit nur dann zustande kommen, wenn die Menschen  bereit sind, neue gesellschaftliche Beziehungsformen außerhalb der geldwirtschaftlich organisierten Form zu entwickeln und zu akzeptieren.
Über Jahrtausende sind es Solidarität und Reziprozität innerhalb einer dörflichen Gemeinschaft, die aus dem ‘Dorf’ mehr machen als nur eine Ansammlung von Häusern und Gehöften. Solche  kommunikative Beziehungsformen im Arbeitsalltag wieder zu entwickeln, ist eine ökonomische, ökologische und kulturelle Aufgabe, die verstärkt dem ländliche Raum zukommt.[xxix]
Erst wenn das Gemeinsame als das wieder stärker spürbar und erlebbar wird, worin die einzelne Existenz eingebettet und gesichert ist, wird auch die Raumordnung mit all ihren Instrumenten gestaltend eingreifen können. 

3.6.
Der NB Österreich unterstützt eine Land- und Forstwirtschaft, die zusammen mit anderen gesellschaftlichen Gruppen bemüht ist,  eine nachhaltige Gesellschaft hervorzubringen.   Sie müssen dazu Träger einer Entwicklung werden, die sich  ein ausgewogenes Verhältnis zwischen individueller Freiheit und Gemeinsinn, zwischen dem ‘Ich’ und dem ‘Wir’,[xxx]  zwischen persönlicher Unabhängigkeit  und sozial-ökologischer Verantwortung[xxxi] zum Ziele setzt.  Anders haben weder bäuerliche Landwirtschaft noch Naturschutz in der Kulturlandschaft eine Chance.

Der Schutz der Natur und der Lebensgrundlagen ist eine höchst gesellschaftspolitische Angelegenheit, die sich in der Unterstützung einer nachhaltigen, einer ökologischen Land- und Forstwirtschaft und darüber hinaus in einer dementsprechenden Bewirtschaftung des ländlichen Raumes äußert.
Was es zu begegnen gilt, sind die systemischen Zwänge unserer gegenwärtigen Ökonomie, ohne diese allerdings überwinden zu können..[xxxii] 
Deshalb  ist nicht an ihrer Stelle, sondern parallel dazu etwas zu entwickeln und aufzubauen, das die Gegenseitigkeit zwischen den Menschen in einer Region wieder erlebbar und wirksam werden läßt. Daß wir einander brauchen, voneinander abhängig sind, auch wenn uns das Geld aus dieser Abhängigkeit - scheinbar - befreit. Es geht dabei um die Weiterentwicklung von Ansätzen, die es schon gibt, sich aber noch voll in dieser Geldökonomie zu entfalten versuchen. Damit aber sind sie letztlich wieder an diese gebunden. Solche Bemühungen sind deshalb  außerhalb der Geldökonomie in einer echten Tauschwirtschaft[xxxiii] zu denken und zu versuchen.











 

Teil C :  Eine Diagnose




Schutz des Eigentums vor  dem der Natur



“Das Eigentum ist das Recht, Sachen in der absolutesten Weise zu nutznießen
 und über sie zu verfügen, vorausgesetzt, daß man davon nicht so Gebrauch macht, wie es Gesetze oder  Reglementierungen verbieten.”
Code civil von 1804[xxxiv]

“Dem entsprachen die Prinzipien, nach denen das neue Bodenrecht gestaltet wurde: Freiheit  der Verfügung, der Nutzung und Bewirtschaftung, der Teilung und
der Verschuldung.. Die Verschränkung der neuen Bodenordnung
mit der industriellen und der ersten Agrarrevolution schuf einen
neuen Bezug zum Boden: Der Boden wurde Produktionswerkzeug und Handelsware.
Intensivierung der Nutzung und Parzellierung der Landfläche
 bewirkten eine nachhaltige Veränderung der Strukturen.”
Susette Biber-Klemm[xxxv]

“Neben der kapitalistisch organisierten Gesellschaft existieren
nicht-kapitalistische Umgebungen. Und der Kapitalismus kann nur existieren,
wenn er auch in einer nicht-kapitalistischen Umgebung agiert. 
Einerseits frißt er sich in diese Umgebung, in immer mehr Bereiche hinein,
andererseits entläßt er auch sehr viele Bereiche aus seiner Maschine.”
Raimund Dietz[xxxvi]

Wenn wir an die weitreichenden Folgen denken, die aus
 dem  verfassungsmäßigen Freibrief der Nutzung von Natur entstehen,
dann wird deutlich, daß hier der entscheidende Hebel angesetzt werden muß.
Jede noch so hoch entwickelte Umweltethik entbehrt ihren Sinn,
wenn es nicht gelingt, den menschlichen Tiger an dieser Stelle zu bändigen.”
Klaus Bosselmann[xxxvii]

“Entwickeln eines Rahmens zur Herstellung/Begründung
der Ökologiepflichtigkeit des Eigentums”
OÖ Landesumweltprogramm[xxxviii]







4. Landwirtschaft, Kulturlandschaft,
    Raumordnung, Naturschutz
    in der Eigentumsgesellschaft und Eigentumswirtschaft

4.1
Unsere Kulturlandschaft ist gerade noch Ausdruck eines ganz bestimmten Umganges des Menschen mit dem Land in der dörflichen Agrikultur. In dieser Agrikultur bis hinein in die europäische Neuzeit ist der Boden üblicherweise religiösen, herrschaftlichen oder genossenschaftlichen Bindungen unterworfen, der Umgang damit  durch ungeschriebene Gesetze der gemeinsamen Nutzung durch das Dorf eingeschränkt. 

Bis in die Zeiten der französischen Revolution und der Proklamation der bürgerlichen Freiheiten war “Grundbesitz in herrschaftliche und genossenschaftliche Bindungen eingebunden [....],  die Disposition über seine Nutzung - etwa in Bezug auf Art und Zeitpunkt - häufig durch dörfliche Personalverbände eingeschränkt. [...]  Diese Art der Nutzung vermochte zwar das Überleben der Dorfgemeinschaft knapp sichern, behinderte aber Innovation und Unternehmertum.” So S. Biber-Klemm.[xxxix]

In der ’Ökosozialen Konvention’ des Ökosozialen Forums heißt es nun:
“Die GATT-Uruguay-Runde von 1993 hat erstmals auch die Landwirtschaft voll den Spielregeln des Freihandels unterworfen. Das weltweit sich anbahnende ökologische Desaster  [....] bedrohen die Existenz einer auf Nachhaltigkeit [...] ausgerichteten bäuerlichen Landwirtschaft.” [xl] 

Die Vertreter des Österreichischen Naturschutzbundes können den Aussagen der ‘Ökosozialen Konvention’  nicht zur Gänze folgen. Es ist  nicht erst der Freihandel, der die Landwirtschaft  in eine neue Entwicklung zwingt.

4.2.
Auch in der Neuzeit ist die Entwicklung unserer Kulturlandschaft  zu tiefst  mit der Geschichte der Bauern verbunden. Wohl der historisch bedeutendste Schritt ist die Schaffung des Eigentums an Grund und Boden Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts [xli]. Damit verbindet sich nun auch ein vollkommen anderer Umgang mit dem Boden, dessen Verfügung dem einzelnen überantwortet wird.  Dieses Eigentum wird auch zum Ausgangspunkt der Industrialisierung.

Das Konzept des Eigentums - und damit auch des Grundeigentums - , das auf den französischen Code civil  von 1804 zurückgeht, betont den annähernd absoluten Herrschaftsanspruch des Eigentümers über sein Eigentum, soweit dieser Anspruch nicht durch Gesetze und Vereinbarungen eingeschränkt ist

Wie aber Biber-Klemm dann weiter betont, “brachten die neuen liberalen Rechtsordnungen [....] durch den Wegfall der alten gesellschaftlichen Bindungen einen [...] Einbruch in die alten Rechtstraditionen und die daraus folgende Art und Weise der Bodennutzung. Als Reaktion auf die althergebrachte Ordnung stand jetzt die Idee der Eigentumsfreiheit im Zentrum. Sie sollte das unmittelbare Eigentum des einzelnen am Produktionsmittel Boden ermöglichen und als reale Basis personaler Existenz, der persönlichen Freiheit und Unabhängigkeit des einzelnen dienen. Dem entsprachen die Prinzipien, nach denen das Bodenrecht gestaltet wurde: Freiheit des Erwerbs, der Verfügung, der Nutzung und Bewirtschaftung, Freiheit der Teilung und die Freiheit der Verschuldung.” [xlii]

Daraus wird deutlich, daß die ursprünglich von Gemeinschaftsregeln geleitete Bodenbewirtschaftung nun in erster Linie in die alleinige Verfügung des einzelnen gegeben wird, der sich um einschränkende Regulative nur soweit kümmern muß, wie solche gegeben sind.[xliii] Damit sind Innovation und Unternehmertum nicht mehr behindert, das Fundament für eine neue wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung ist gelegt.

4.3.
Durch Gesetze und Verordnungen werden im Laufe der Zeit die mit dem Eigentum verbundenen Freiheiten eingeschränkt.  Es geht dabei aber um eine Regulierung des Individuellen und gerade nicht um eine Förderung des Gemeinsamen. Das Individuelle bestimmt also real und mental weiterhin den Lauf der Geschichte, auch wenn durch die Gesetzgebung dessen Auswüchse eingeschränkt werden.     

Hat in den alten Zeiten mehr oder minder gegolten: ‘Alles, was nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist verboten’ gilt nun unter dem Eigentumsrecht: ‘Alles was nicht ausdrücklich verboten ist, ist erlaubt’.
Nun wird aber nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, daß diese ursprünglich gewonnene Freiheit durch Gesetze und Verordnungen immer mehr eingeschränkt wird  - etwa durch die Gewerbeordnung, das Baurecht, die Sozialpolitik, aber auch durch die verschiedenen Förderpolitiken, die die handelnden Personen also gar nicht so frei schalten und walten lassen.

Dennoch  bleibt zu beachten, daß die Freiheit des Individuums voran stehen bleibt. Es geht auch weiterhin nicht darum, das Gemeinsame zu fördern, sondern allein darum, das Individuelle zu regulieren. Die Grundstruktur des Gesellschaftlichen: ‘Eigennutz vor Gemeinnutz’, ‘mach aus deinem Eigentum für dich das Beste’,  bleibt aufrecht.  
Damit aber bestimmt sich auch die Dynamik des Wirtschaftens [xliv], die durch die Freiheit der Verschuldung eine neue Dimension erhält  und zweifellos hinsichtlich des immer wieder zur Verfügung gestellten Produktes einen gewaltigen Fortschritt gebracht hat und weiter bringt.  So wie dabei aber das Risiko der Investition an den einzelnen übertragen wird, braucht es den individuelle Gewinn als Anreiz, überhaupt etwas zu riskieren. Ohne die durch den Gewinn bewirkte Dynamik gibt es also nicht immer wieder das Produkt, das uns so selbstverständlich in all den Geschäften täglich entgegentritt.
So steht der Gesetzgeber immer wieder vor der heiklen Entscheidung, wie weit er die Freiheit derjenigen einengt, der unternehmerisch tätig sind oder werden wollen. Diese müssen dies ja nicht naturnotwendig tun.

4.4.
Mit der Schaffung von Eigentum  ist nun der Boden nicht allein nur ‘Produktionsgrundlage’. Im Sinne der Freiheit der Verschuldung und Verfügung ist er als Vermögensgut auch verpfändbar und  verkaufbar. Durch dessen Verkauf  beschaffen sich die Bauern einen Teil jenes Geldes, das sie für Investitionen für die Industrialisierung der Landwirtschaft benötigen.  Die wild wuchernde Umwidmung und Zersiedlung des Landes findet darin einen ihrer Ursprünge.

Die Industrialisierung der Landwirtschaft und die dafür erforderlichen Geldmittel für Investitionen in Stall und Geräte zwingt allerorts die Bauern, sich für Kredite zu verschulden, wobei ihr Eigentum an Grund und Boden als Sicherstellung des Kredites dient. Grund und Boden sind somit nun nicht mehr allein Produktionsgrundlage, sondern auch Vermögenstitel, der gegen Kredit verpfändet[xlv] wird. 
Grund- und Boden aber wird nun auch verkauft. Um die Überschuldung bei Betriebsrationalisierungen - der ‘berühmte’ moderne Schweinestall - hintanzuhalten, sind viele Bauern bemüht, für einzelne Flächen eine Umwidmung von Grün- in Bauland zu erwirken. So können diese zu wesentlich höheren Preisen als für Grünland verkauft werden. Im Zusammenspiel mit den auf Wiederwahl bedachten Bürgermeistern als zuständige Instanz für die Flächenwidmung[xlvi] entsteht gerade in Österreich jener ‘Fleckerlteppich’ aus meist ortskernfernen, vielfach nur wenige Einfamilienhäuser umfassenden Siedlungen, die dann auch hohe Aufwendungen der öffentlichen Hand für den infrastrukturellen Anschluß erfordern.[xlvii] Diese Streusiedlungen sind auch wenig geeignet für einen auf Hauptmagistralen konzentrierten öffentlichen Nahverkehr. Die nahezu flächendeckende Zersiedlung ist des weiteren immer wieder Ursache für Konflikte.
Entgegen einer nachhaltigen Nutzung des Landes wurde hier schon weit in die Zukunft hinein nahezu unkorrigierbar eingegriffen.

4.5.
Das Eigentum am Boden manifestiert sich nicht zuletzt in dessen Nutzungs-Widmung, mit der es ein konkretes Vermögensgut ist. Umwidmungen bedeuten damit Eingriffe in das Eigentum: Bei Höherwidmung[xlviii] einen positiven, mit Vermögensgewinnen verbundenen, bei Tieferwidmung[xlix] einen negativen, mit Vermögensverlusten verbundenen Eingriff.  Damit ergibt sich insbesondere für die Raumordnung bei der Umsetzung einer ausgewogenen Raumplanungen eine große Hürde.[l]  

Es ist zu bedenken, daß mit der Umwidmung etwa von Grün- in Bauland ein Eigentumstitel erworben wird, der sich vermögensrechtlich auch dann auswirkt, wenn das Grundstück nicht verkauft, sondern nur mit einem Kredit belehnt wird. Sinkt der Verkehrswert, ist plötzlich der aushaftende Kredit nicht mehr ausreichend besichert.
Dies zeigt, wie schwierig in Eigentumsrechte eingegriffen werden kann,  die zwar leicht verliehen, aber kaum mehr - und dann nur mit großem finanziellen Aufwand - zurückgenommen werden können.
Es gilt dies etwa dort, wo ein Grundstück wegen naturschutzrechtlicher Unterschutzstellung aus der bisherigen  Nutzung genommen oder diese auch nur eingeschränkt werden soll.[li]  Hier ist üblicherweise nur Vertragsnaturschutz möglich, d.h. die Nutzungseinschränkung ist nur mit Zustimmung des Eigentümers möglich und üblicherweise finanziell abzugelten.

Insgesamt aber bedeutet dies für die Raumordnung eine schwere Beeinträchtigung ihrer Absichten, das Nebeneinander von Siedlungsraum, Gewerbe- und Industriegebieten, Bergbaugebieten, Verkehrsinfrastruktur und Naturschutzgebieten bestmöglich zu planen. Da es mit Ausnahme für den Straßen- und Eisenbahnbau keine Enteignungsmöglichkeiten gibt - und die dann auch mit hohen Kosten verbunden sind - geht fast immer nur dort etwas, wo Bodeneingentümer - meist zu überhöhten Preisen - zum Verkauf bereit sind.
Diesbezüglich mangelt es auch noch immer an Möglichkeiten zur Einschränkung der Bodenspekulation und der Lukrierung von  Planungsgewinnen durch die Bodeneigentümer. Durch entsprechende steuerrechtliche Maßnahmen, für die längst Vorschläge[lii] ausgearbeitet worden sind, könnte hier allerdings schon etwas bewirkt werden.  

4.6.
Mit der Schaffung des Eigentums und der Freiheit der Verpfändung verbindet sich aber auch die Geschichte der Industrie. Einerseits als eine Geschichte der Auslagerung von immer mehr Tätigkeiten aus der Landwirtschaft in die Industrie, womit die Zahl der in der Landwirtschaft  Beschäftigten  kontinuierlich zu sinken beginnt. Andererseits als eine Geschichte der Kreditwirtschaft, die aber nur bei immer weiter wachsenden Investitionsvolumen funktionsfähig bleibt und so auch den Weltmarkt zu erobern bemüht ist. Mit in der Welt ist so auch der wirtschaftliche Wettbewerb.

Sind um 1700 rund 80 Prozent der Erwerbsbevölkerung in der Landwirtschaft tätig, sinkt diese Zahl auf 48 Prozent um 1900, 31 Prozent um 1950, 14 Prozent für 1970.[liii] Heute sind es nur noch dünne 3 bis 5 Prozent.  Insbesondere nach dem Ende des zweiten Weltkriegs und dem großen Arbeitskräftebedarf für den Wiederaufbau kommt es zu der starken Abwanderung von landwirtschaftlichen Arbeitskräften in die Baubereiche und die Industrie, wo Geld - und mehr Geld - zu verdienen ist, und nicht nur mit ‘Kost und Logie’ und ein wenig Geld ‘bezahlt’ wird. Mit dem so geschaffenen Arbeitskräftemangel aber wird in der Landwirtschaft auch die Nachfrage nach einer anderen Form von Energiedienstleistung geschaffen, die weiteren Anlaß zum Ausbau der Industrie bietet: Der Traktor, der legendäre ‘Steyr 15’, hält Einkehr. Und mit ihm auch andere Geräte für die rationellere Bearbeitung von Acker und Wiese.
Neben diesem äußeren Wandel ist aber auch ein weniger sichtbarer, aber um so entscheidenderer innerer Wandel eingetreten, der den Kern der Industrialisierung nicht nur der Landwirtschaft ausmacht. Ist bislang der Bauernhof eine weitgehend in sich geschlossene Hauswirtschaft, eine ‘Ökonomie’, in der der Bauer sich mit seinem Gesinde weitgehend in der gewohnten Kargheit bis Armut[liv] mit allem selbst versorgt und nur Überschüsse auf Märkten zum Tausch anbietet,  so gelingt mit dem Eigentum am Boden und der damit gegebenen Fähigkeit zur Verschuldung der Ausstieg aus der bis dahin vorherrschenden Versorgungswirtschaft
Um Geräte, Einrichtungen und Betriebsstoffe  kaufen zu können, muß der Unternehmer ‘Bauer’ Geld - also einen Kredit - aufnehmen, den er dann in den nächsten Jahren mit seinen Erträgen zu tilgen hat. Er muß Geld-Schulden machen, die er mit seinem Eigentum, einer Hypothek auf seinen Grund, zu besichern hat.  Damit aber ist er nun gezwungen, seine Produktion nicht mehr so sehr auf den Eigenbedarf auszurichten, sondern auf den Markt, wo er seine Ernte gegen das Geld verkaufen muß, das er zur Tilgung seiner Schulden braucht. Gelingt dieser Verkauf nicht, droht der Verlust des verpfändeten Eigentums, seines von den Vorfahren ererbten Grund und Bodens.

Das Bemühen, diese Verschuldung in Grenzen zu halten, führt auch zur Spezialisierung und Enttiefung der Wertschöpfung des Betriebes ‘Bauernhof’, der sich immer mehr zum reinen Rohstofflieferant wandelt. Insbesondere führt dies zur Trennung in ‘Hörndlbauern’ und in ‘Körndlbauern’, damit aber auch zur Auflösung jener Stoffkreislauf-Wirtschaft, die sich über Jahrhunderte herausgebildet und im Sinne der Nachhaltigkeit bewährt hat.

4.7.
Das europäische, über Jahrhunderte gewachsene und verinnerlichte Leitbild des Bauern wird auf den Kopf gestellt.  Das ‘wirtschaftliche Denken’ in Form von ‘Auskommen mit Vorräten von Ernte zu Ernte’ mit seinem tiefen Bezug zur Natur wird abgelöst durch ein Denken in monetären Erträgen. Die Ökonomie’, die nahezu in sich geschlossene Hauswirtschaft[lv] des Bauernhofes,  geht immer mehr auf  in der ‘National-Ökonomie’ und in der ‘Global -Ökonomie’

Kennzeichen für diese Veränderung der landwirtschaftliche Produktion ist nicht allein die Größe des Betriebes, sondern die Abkehr von einer Produktionsweise, die weitgehend auf  die Autonomie des einzelnen Bauernhofes ausgerichtet ist. Die Existenz der bäuerlichen Familie mit all dem Gesinde ist dabei dann gut gesichert, wenn die Ernte gut ist. Und sie muß den Gürtel dann enger schnallen, wenn diese Ernte aus Witterungsgründen einmal schlecht ausfällt.  Sie ist also von ‘nur‘ von der Natur und vom eigenen Fleiß abhängig.  Und eindeutig gilt: Eine gute Ernte ist identisch mit Wohlhabenheit, mit einem guten ‘Einkommen’.
Doch unter den neuen Bedingungen und Möglichkeiten der Geldwirtschaft stellt sich sehr rasch das Gegenteil heraus. Allseits gute Ernten führen zu einem Preisverfall auf den Märkten für die landwirtschaftlichen Produkte - und damit gerade nicht zu einem guten Einkommen. Gegen diesen Preisverfall eines homogenen Gutes[lvi] ist aber der einzelne Bauer hilflos. Wo er etwas tun kann, ist die Menge, die er produziert. Um somit bei gesunkenen Preisen doch noch das nötige Geld beschaffen zu können, steigert er noch weiter seine Produktion durch alle möglichen Formen von Rationalisierungen seines Betriebes, womit er aber die allgemeine Spirale nach unten weiter antreibt.
Sind also die Arbeitskräfte, die Dienstboten, zuerst noch von selbst wegzogen, so werden sie nun - und oft auch der Bauer selbst - von der Landwirtschaft weggedrängt. Die Bearbeitung von Wiesen und Äckern muß immer mehr rationalisiert werden durch den Einsatz von immer weniger Menschen und immer größeren Maschinen, die wiederum zur Zusammenlegung der alten Fluren, zum Einsatz von ‘Pflanzenschutzmittel’ und Mineraldünger, zwingen.

Die Spirale nach unten in Form des ‘Bauernsterbens’ wird so in Bewegung gehalten.

4.8.    
Die gegenwärtige Industriekultur, die die Agrikultur abgelöst hat,  findet so ihren spezifischen Ausdruck  in den sich immer weiter ausbreitenden städtischen Agglomerationen mit ihren eigenen Raumordnungsproblemen und ihrer Industriewirtschaft, die bestimmt wird durch die auf monetäre Rentabilität ausgerichtete Betriebswirtschaft. Sie führt immer mehr zur Entvölkerung des ländlichen Raumes durch die noch immer weiter gehende Auslagerung von Tätigkeiten aus der Landwirtschaft, sowie durch Nutzung der Landwirtschaft als Absatzmarkt für arbeitssparende Technologien.

Die Industrialisierung beginnt mit der Auslagerung bestimmter Tätigkeiten aus der Landwirtschaft. Die allgemeine Industrialisierung der Wirtschaft  erfaßt in weiterer Folge aber auch die Landwirtschaft selbst. Mit der damit verbundenen Rationalisierung geht die Dominanz des Bauerntums in der Bereitstellung des Produktes des Wirtschaftens verloren[lvii]. Und so wie das Zentrum des Wirtschaftens anderswo zu finden ist, so hat sich auch das Zentrum der Kultur verschoben. Die Alltags-Kultur in Form der dörflichen Agrikultur ist immer mehr verblaßt, ist zum musealen und nostalgischen Schaustück reduziert worden, hat einer anderen Alltags-Kultur Platz machen müssen, die die Existenz des Menschen nicht mehr durch den nachhaltig genutzten materiellen Ertrages des Bodens gewährleistet sieht, sondern vielmehr und nahezu ausschließlich über den kurzfristigen monetären Ertrag.
Der leistungsstarke Motor dieser industriellen Wirtschaft wird durch den Geld-Gewinn angetrieben. Dieser aber kommt nur zustande, wenn über die Ersatzinvestitionen hinaus Netto-Investitionen getätigt werden. Denn nur so kommt ein positiver Saldo der Gewinne und Verluste aller Unternehmen der globalen Wirtschaft zustande. Resultat dessen ist das Wirtschaftswachstum.[lviii]

Durch dieses Investieren in vordem nicht-industrielle Bereiche, das der Kredit möglich macht, frißt die kapitalistische Industriewirtschaft immer mehr Bereiche der nicht-kapitalistischen Umgebung auf. Aufgefressen wird so auch die bäuerliche Landwirtschaft.  Der Landwirt wird immer mehr ‘nur’ zum Rohstofflieferanten, der immer mehr der internationalen Konkurrenz ausgesetzt ist.[lix]
Und so wie die Kulturlandschaft einmal ein Spiegelbild unserer Alltagskultur war, so ist auch ihre schleichende Zerstörung heute ein Ausdruck unserer Alltagskultur.
Diese Befürchtung ist auch aus der ‘Erklärung von Cork’[lx] herauszulesen.

Nun ist aber zu fragen, ob diese Entwicklung nicht auch bereits ihren Zenit überschritten hat. Was angesichts steigender Arbeitslosigkeit von den Befürwortern einer weiteren Fortsetzung dieses Weges an Visionen beschrieben wird, läßt sich wohl am treffendsten mit Helmut Qualtingers Worten vom “Starken mit seiner Maschin’” beschreiben: Er weiß zwar nicht, wo er hin will, dafür ist er schneller dort.[lxi]

4.9.
Mit einer über die WTO-Regeln hinausgehenden Forderung eines Außenschutzes für die Europäische Landwirtschaft stellt sich die Frage eines Selbstbeschränkung auf den eigenen Markt auch für die Industrie, die noch meint, im Zuge der Globalisierung neue Märkte für ihre weiterhin wachsende Produktion zu finden. Diese Frage aber stellt sich auf jeden Fall, da es über den globalen Markt hinaus keine Ausdehnung mehr möglich ist. In dieser Richtung sind deshalb schon jetzt Überlegungen anzustellen, ehe noch unsere Kulturlandschaft als Ausdruck menschlichen Umganges mit der Natur unwiederbringlich zerstört ist.

In der durch das monetäre Rentabilitätskalkül gesteuerten Industriewirtschaft muß jede Unternehmung ständig bemüht sein, die Stückkosten ihrer Produkte durch Steigerung der Effizienz des Einsatzes von Arbeit, Ressourcen und Kapital zu senken, um über Wettbewerbsvorteile am Markt die Gewinnchancen zu erhöhen. Diese Senkung der Stückkosten (Kosten einer Einheit) durch Rationalisierungsinvestitionen muß aber begleitet werden von einem Anwachsen der produzierten Stückzahlen durch Erweiterungsinvestitionen.[lxii]
In diesem Sinn muß das Einkommen und die industrielle Produktion über Netto-Investitionen ständig wachsen. Für die solcherart anwachsende Produktionsmenge muß die Industrie  nun aber aggressiv immer neue Märkte erschließen. Denn nur so kann sie die getätigten Investitionen über eine Steigerung der verkauften Stückzahlen und damit Senkung der anteiligen Fixkosten auch wieder abschreiben.

So hat sich neben der Maschinen-, Geräte- und Einrichtungsindustrie auch die Dünger- und Spritzmittelindustrie entwickelt und in der Landwirtschaft aggressiv neue Märkte erschlossen, damit aber auch zur Schrumpfung der Landwirtschaft beigetragen. Das gleiche ist von der Gen-Technik zu erwarten.
Ökologisch bedingte Einschränkungen des heimischen Marktes haben aber deshalb nicht unbedingt zu einer Einschränkung dieser Produktion geführt, sondern auch zu einem Hineindrängen in den Weltmarkt. 
So ist es auch eine der großen Zielsetzungen der EU, mit ihren Industrieprodukten am Weltmarkt als dritte der großen Wirtschaftsmächte  mitmischen zu können. Dazu aber haben die EU-Staaten dem  WTO-Abkommen beitreten müssen.
Ein Außenschutz der EU für Agrarprodukte über die derzeitig festgelegten Möglichkeiten hinaus könnte somit nur dann möglich sein, wenn sich die EU auch in den anderen Bereichen mehr auf sich selbst besinnt und sich mit Industrieprodukten vom Weltmarkt stark zurückzieht. Dies aber wieder hängt von der Durchsetzbarkeit einer generell veränderten Ausrichtung der EU ab.





















Anmerkungen





[i]  P. Pernthaler / K. Weber / N. Wimmer, Umweltschutz durch Recht, Manz, 1992
[ii]    Forum der Wissenschafter f. d. Umweltschutz, Umweltmanifest, Falter-Verlag, 1986
[iii]  World Trade Organisation, die Nachfolgerin des GATT
[iv]  Estland, Polen, Tschechische Republik, Ungarn, Slowenien und Zypern
[v]  Das sind Preise, die die Institution EU setzt. Der Interventionspreis gehört dazu. Sinken die Marktpreise unter diesen, so stützt die EU diesen Marktpreis auf den Interventionspreis hinauf. So verkaufen die EU-Bauern zu Dumpingpreisen am Weltmarkt, weil und damit sie ja die Stützung kassieren können. So fließt viel EU-Geld zu den Massenproduzenten und wird in den Entwicklungsländern die einheimische Landwirtschaft über Niedrigstpresie ruiniert.
[vi]  Getreide, Rindfleisch und Milch
[vii]  Näheres zu den neuen GAP-Vorschlägen siehe  Rudolf W. Strohmeier, ’Die Agenda 2000 -Chance für einen grünen Haushalt?’ Referat auf der Informationstagung, 1. 12.1997 im EU-Umweltbüro Wien.
[viii]            Unter bäuerlicher Landwirtschaft wird im weiteren immer die bäuerliche Land- und Forstwirtschaft verstanden, so wie halt jeder Bauer nicht nur Wiesen und Äcker, sondern stets auch einen Wald sein Eigentum nennt. Unter ‘Landwirtschaft’ wird  zudem meist  die generelle Landbewirtschaftung verstanden, zu der  selbstverständlich auch die Forstwirtschaft zählt.
[ix]  Plan des ehemaligen EWG-Vize-Präsidenten (1958-72) Sicco Mansholt. Danach sollte sich die landwirtschaftliche Erwerbsbevölkerung von 1970 bis 1980 von 10 auf 5 Mill. verringern. 
[x]    ÖNB, Natur & Land 1/1977, S. 15
[xi]  Josef Riegler hat als Landwirtschaftsminister in den Jahren Jahren 1987 bis 1989 und dann als Vizekanzler bis 1991 die ‘Ökosoziale Agrarpolitik’ und die ‘Ökosoziale Marktwirtschaft propagiert. Heute ist er Präsident des ‘Ökosozialen Forum Österreich’. In der ‘Ökosozialen Konvention’ des Forums heißt es: “ ...eine ökosoziale Reform der Landbewirtschaftung .. soll die nachhaltige Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, die Existenzsicherung der bäuerlichen Agrarstruktur sowie die kulturelle und soziale Eigenständigkeit der ländlichen Regionen und der Personen gewährleisten”. (S. 13) Ein ganzes Bündel von Maßnahmen wird dazu vorgeschlagen. Im einzelnen s. J. Riegler / H.W. Popp / H. Kroll-Schlüter,  Aufstand oder Aufbruch, wohin gehen Europas Bauern? L. Stocker  Verlag , S. 11 ff., insbes. S. 18 bis 23.
[xii] Josef  Riegler auf der ÖGNU-Veranstaltung .’Landschutz und Naturwirtschaft’ in Bregenz , Dezember 1996, sowie Brief an den OÖ Naturschutzbund vom 3.12.1997
[xiii] Damit soll die Schaffung von Arbeitsplätzen gefördert werden.
[xiv] H. C. Binswanger/  W. Geissberger /  Theo Ginsburg , Wege aus der Wohlstandsfalle, Der NAWU-Report, Fischer Alternativ, 1980, S. 294 ff.
[xv] J. Riegler / H.W. Popp / H. Kroll-Schlüter,  Aufstand oder Aufbruch, wohin gehen Europas Bauern? L. Stocker  Verlag , S. 7
[xvi] Als solche können entsprechend dem Hinweis von R. Türk eigentlich nur Gebiete bezeichnet werden, wo auch aus der Luft möglichst keine Einträge, etwa Stickoxide, erfolgen.
[xvii] In der EU soll  bis zum Jahr 2004 unter dem Namen ‘Natura 2000’ ein Netz von Naturschutzgebieten errichtet werden, deren Grundlage die ‘Vogelschutzrichtlinie’ (79/409/EWG) und die ‘Flora-Fauna-Habitat-Richlinie’ (92/43/EWG, kurz FFH-Richtlinie) ist.
[xviii] Dieses Wort wird  statt ‘Landschaftsplanung’ verwendet, um zu vermitteln, daß der Mensch nur die Voraussetzungen für eine natürlicher Entwicklung unterstützen, diese aber nicht ersetzen soll.
[xix] Naturschutzbund Deutschland, Materialienliste Themenbereich Landwirtschaft ‘Landschaftsplanung und Landwirtschaft.’ Der NABU kritisiert, daß etwa ‘Intensiväcker’ und ‘Intensivgrünland’ nach den Bewertungskriterien aus dem Arten- und Biotopschutz als geringwertig, dagegen hoch mit Schadstoff belastete Deponien oder Industrieabbruchflächen, Truppenübungsplätze, .. wegen der mitunter vorkommenden Rote-Liste-Arten als höherwertig eingestuft werden. Erstere sind anderen Verwertungsinteressen daher oft schutzlos ausgeliefert. 
[xx] Da es sich dabei um nicht vermarktungsfähige Güter handelt, können diese Leistungen in einer Marktgesellschaft eben nicht verkauft werden. Sie  sind durch die Gesellschaft zu entlohnen, d.h. zu  alimentieren.  
[xxi] Europäisches Parlament,  Ausschuß für Umweltfragen, ...  ‘Arbeitsdokument über eine nachhaltige europäische Landwirtschaft und einen dynamischen ländlichen Raum’  des Bericherstatters Karl-Heinz Florenz (‘Florenz-Papier'') vom 11. 09. 97. S. 7. Dort heißt es: “Dabei muß - wie in der Agenda 2000 vorgeschlagen - vom bestehenden Konzept, daß Aktionen zum Schutz von Umwelt und Natur auf Begleitmaßnahmen reduziert sind, abgegangen werden. Umweltschutz muß in den Hauptbereich der Gemeinsamen Agrarpolitik , d.h. in die Markt-, Preis- und Einkommenspolitik integriert werden.” (S. 4) 
[xxii] Riegler/ Popp/ Kroll, S. 18ff
[xxiii] Dies ist eine Forderung, wie sie etwa die Österreichische Bergbauernvereinigung erhebt.
[xxiv] Die Satzungen der WTO  sehen Möglichkeiten für die Gestaltung nationaler bzw: supranationaler Wohlstandspfade vor. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen zum Schutze der Lebensgrundlagen und für jene kostenwirksamen nationalen Maßnahmen, die für alle Wirtschaftssubjekte verpflichtend festgelegt wurden. Beispiele wären kostenwirksame Mindeststandards für eine ökologisch geordnete Produktion. Siehe dazu H. Wohlmeyer, in Riegler / Popp / Kroll, S. 120
[xxv] Stammesgesellschaften waren meist über Solidarität und Reziprozität sozialisiert. Die ‘Amish-People’ in den USA leben das noch heute vor. Die Geldwirtschaft braucht das nicht mehr, weil jede Schuldigkeit sofort mit Geld bezahlt, d.h. getilgt wird. Damit aber löst sich auch diese Gegenseitigkeit des Helfens und Tauschens auf.
[xxvi] Deutlich sollte dabei sein, daß es nur um den Vorrang geht und nicht um eine generelle Absage.
[xxvii] BUND / Misereor, Zukunftsfähiges Deutschland, verfaßt vom Wuppertal-Institut, Birkhäuser, 1996, S. 331.
[xxviii] H. C. Binswanger, Agrarschutz bleibt sachlich nötig,  in NZZ vom 2/3. Mai 1992.
[xxix] Es sollte darüber nachgedacht werden, ob nicht die Bildung von Clusters auch in dieser Richtung möglich wären. Ein Cluster lebt auch davon, daß es entsprechende soziale Kommunikation zwischen den einzelnen Mitgliedern des Clusters gibt, etwa der informelle Austausch von Information, die Suche nach Mithilfe u.a.m.  Wo einfach gilt: Wenn ich dem Nachbarn helfe, wird das schon einmal zurückkommen.
[xxx] Siehe als Vertreter des Kommunitarismus: Amitai Etzioni, Die faire Gesellschaft, Fischer Taschenbuch Verlag, 1996
[xxxi] H. C. Binswanger beschreibt unsere gegenwärtige Ökonomie, die als Kapitalismus oder Marktwirtschaft bezeichnet wird, als Geldökonomie, weil sie über Geld reguliert wird. Über Geld wird aber nicht nur die Wirtschaft, sondern unsere ganze Gesellschaft sozialisiert. Dabei befreit Geld aus bisherigen patriarchalen Abhängigkeiten, zwingt aber gleichzeitig in neue Abhängigkeiten hinein, die für eine sozial-ökologische Verantwortung keinen Raum läßt.  Siehe dazu Binswanger-Privatissimum, s.a.a.O.
[xxxii] Es sei daran erinnert, daß unsere kapitalistische Wirtschaft ihren Antrieb aus dem Gewinn erfährt. Dazu aber sind von Periode zu Periode höhere Netto-Investitionen zu tätigen, die selbst und auch die damit hergestellten Produkte immer mehr Umwelt verbrauchen. Letztere insbesondere dadurch, daß die Abschreibung dieser Investitionen in einer Wettbewerbswirtschaft nur über die Steigerung der erzeugten Stückzahl möglich ist. Wolfgang Sachs vom Wuppertal-Institut bezeichnet das als ‘Mengeneffekt’ und erläutert ihn am Beispiel ‘Auto’. Ohne Gewinn aber werden nicht einmal mehr die Ersatzinvestitionen getätigt. Das System stürzt dann ab so wie ein Flugzeug, das die Fortbewegung nicht nur zur Zielerreichung, sondern auch zur Systemerhaltung, zur Erzeugung des aerodynamischen Auftriebs, braucht.   Siehe dazu auch  Binswanger-Privatissimum, a.a.O.
[xxxiii] Der Hauptstrom der ökonomischen Lehre erklärt zwar unsere Wirtschaft als Tauschwirtschaft. Nach der Meinung von H.C. Binswanger geht sie aber damit deutlich an der Realität vorbei. Unter anderem kann sie mit dieser statischen Theorie den Wachstumszwang nicht erklären, weil darin die Zeitdimension fehlt. Wachstum aber braucht  immer Zeit.  Siehe dazu Binswanger-Privatissimum, s.a.a.O.
[xxxiv]          Zitiert aus S. Biber-Klemm, Das Eigentum an Grund und Boden - Ein absolutes Herrschaftsrecht?, in ‘Naturopa’,  Heft 85-1997, Umweltmagazin des Europarates,  S. 5ff. ( Eigene Übersetzung des französischen Zitates)   Im Österreichischen ABGB heißt es : “§354.  Als ein Recht betrachtet, ist Eigentum die Befugnis, mit der Substanz einer Sache nach Willkür zu schalten, und jeden anderen davon auszuschließen.”  
[xxxv] S. Biber-Klemm, s.a.a.O.
[xxxvi] Siehe dazu  Protokoll des 2. Binswanger-Privatissimums in Salzburg, 31.10 bis 2.11.1997, derzeit in Ausarbeitung
[xxxvii] Klaus Bosselmann, Im Namen der Natur, der Weg zum ökologischen Rechtsstaat, Scherz, 1992, S. 210
[xxxviii] Landesumweltprogramm für Oberösterreich, S. 56
[xxxix] S. Biber-Klemm, s.a.a.O.
[xl] Riegler / Popp / Kroll, S. 7
[xli] Die Aufhebung der Erbuntertänigkeit und die Schaffung des bäuerlichen Grundeigentums durch Ablösung der adeligen Grundherren (Ablöse: ein Drittel  die Bauern, ein Drittel der Staat, ein Drittel durch Verzicht der Vorherren selbst) war einer der wenigen bleibenden Verdienste, die der Reichstag in Wien im Revolutionsjahr 1848 zuwege brachte. Der schlesische Reichtagsabgeordnete Hans Kudlich ging damit als Bauernbefreier in die Geschichte ein. (R. Girtler, Rebell wider Robot und Willkür,  OÖN vom 11.04.98, S. VIII) Spürbar ist das noch im Artikel  7 Staatsgrundgesetzes von 1867 : “Jeder Untertänigkeits- und Hörigkeitsverband ist für immer aufgehoben. ....”
[xlii] S. Biber-Klemm,s.a.a.O.
[xliii] Unter Punkt 2.3. wird dies näher behandelt und relativiert.
[xliv] Mit dieser Dynamik beschäftigt sich das neoklassischen Modell der Wirtschaftswissenschaft nicht. Dort geht es nur um das Gleichgewicht, also um Statik. “In einem funktionierenden Tausch werden knappe, nutzenstiftende Güter zur gegenseitigen Nutzenmaximierung getauscht.” So K. Hubacek und W. Bauer. Es mangelt nur an der Internalisierung der externen Kosten. (‘Der Einsatz ökonomischer Anreizmaßnahmen bei der Errichtung des NP Neusiedlersee-Seewinkel’, BMUJF, Report R-142, 1997, S.29) Die Dimension ‘Zeit’ fehlt jedoch bei dieser Betrachtung. Moderne Erkenntnisse, wie sie die Naturwissenschaft längst anwendet, können deshalb in dieser ökonomischen Betrachtung nicht Eingang finden, weil sie keine dynamisch Theorie ist. H.C. Binswanger entwickelt deshalb eine dynamische Theorie der Marktwirtschaft.
[xlv] Mit der Verpfändung eines Vermögenstitels ergibt sich eine neue Dimension des Wirtschaftens, nämlich die Akkumulation von Vermögen,  was mit dem Tausch von Vermögenstiteln in Form von Ressourcen gegen andere Ressourcen, etwa Arbeit, nicht möglich ist. Der verpfändete Vermögenstitel muß erst dann abgetreten werden, wenn die Schulden durch den Verkauf der Erzeugnisse nicht getilgt werden können.
[xlvi] Die Gemeinde ist für die Flächenwidmung, das Land für die Raumordnung zuständig.
[xlvii] Siehe dazu  ‘Naturopa’, Heft 85/1997, Umweltmagazin des Europarates. Dieses Heft ist ausschließlich dem Thema ‘Naturschutz und Bodenprobleme’ gewidmet. Dabei wird in fast allen Beiträgen der verfassungsmäßigeSchutz des  Eigentums, hier insbesondere an Grund und Boden und damit zusammenhängend den rechtlichen Möglichkeiten der Raumordnung und des Naturschutzes, angesprochen.
[xlviii] Etwa von Grün- in Bauland
[xlix] Etwa bei Ausweisungen als Naturschutzgebiet
[l] G. Weber, Aktive Baulandpolitik durch Schutz der Natur,  ‘Naturopa’, Heft 85/1997S. 26ff. 
[li] Siehe dazu  V. Renard, Grundeigentum, Schutzvorschriften und Bodenpreise,  ‘Naturopa’, Heft 85/1997, S. 4
[lii] Siehe etwa J. v. Heynitz, Wettbewerb und Bodenrecht, Eigenverlag, München, 1974
[liii] P. Bairoch, Die Dritte Welt in der Sackgasse, Europaverlag, 1971, S.69
[liv] Wer dieser Kargheit und Armut nachspüren will, dem sei das Büchlein von Lida Winiewicz, ’Späte Gegend’,  Paul Zsolnay, 1986 anempfohlen.
[lv] Ganz allgemein wird ja die ‚Hauswirtschaft‘  von der Industriewirtschaft aufgefressen, wie an der wachsenden Zahl von Fertiggerichten in den Supermärkten ersichtlich ist. Es wird auch immer weniger geschneidert, gestrickt, Kleidung ausgebessert usw, weil die Industrie alles billigst in Massen erzeugt.
[lvi] ‘Homogene Güter’ sind etwa alle Rohstoffe, die von allen Lieferanten in gleicher Qualität hergestellt werden und nur Preiskonkurrenz, nicht aber Markenkonkurrenz kennen.
[lvii] Erklärung von Cork, ‘Europäische Konferenz über ländliche Entwicklung, , 7.-9. November 1996
[lviii] Geht der Saldo der Gewinne und Verluste aber gegen Null, weil nicht meht genügend investiert wird, sind also die Gewinne der einen genau so groß wie die Verluste aller anderen, wird das Risiko des Unternehmens, einen Verlust einzufahren, zu groß. Dann unterbleiben aber nicht nur die Netto-, sondern auch die Ersatzinvestitionen. Und mit ihrem Ausbleiben, d.h., wenn immer weniger Geld in die Wirtschaft hineingesteckt wird,  beginnt diese kapitalistische Wirtschaft und damit das gesamte Angebot an bezahlter Erwerbsarbeit zu schrumpfen. Die Folge ist steigende Erwerbs-Arbeitslosigkeit.  So H.C. Binswanger.  Diesen Überlegungen haben weder das Wuppertal-Institut noch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) etwas stichhältiges entgegenzusetzen. Wolfgang Sachs: “Es ist ja mittlerweile schon hinreichend deutlich geworden, daß das Wuppertal-Institut dazu nichts zu sagen hat, aber gerne mehr zu sagen wünscht”.  Siehe dazu  Protokoll des 2. Binswanger-Privatissimums in Salzburg, 31.10 bis 2.11.1997, derzeit in Ausarbeitung. Wir meinen, daß im Sinne des Vorsichtsprinzips vom ‘worst case’ (schlimmster Fall) auszugehen ist, den ein seriöser Wissenschafter wie Binswanger begründet,  solange dieser nicht eindeutig widerlegt ist.
[lix] Vor der Landwirtschaft steht die Geräte-, Dünger-, Spritzmittel- Saatgutindustrie und auch schon die Gentechnik, hinter ihr die industriellen Verarbeitungsbetriebe von Lebensmitteln bis hin zur Tiefkühl-, Dosenkost und all den aufwendig beworbenen Status-Snacks. Diese bestimmen ja eigentlich den Preis, den der Rohstofflieferant ‘Landwirt’ erhält, und nicht der Konsument, der sich 10 Eier kauft.
[lx] Erklärung von Cork, a.a.O.
[lxi] “Im einundzwanzigsten Jahrhundert werden diejenigen die Gewinner sein, die im Wandel ganz vorn liegen, ihre Branchen ständig neu definieren, neue Märkte schaffen, neue Wege bahnen, die Regeln des Wettbewerbs bestimmen, den Status quo in Frage stellen.” Rowan Gibson, Rethinking the Future, Verlag moderne Industrie, S.32.
[lxii] Dies deshalb,
--  weil mikroökonomisch die für die Effizienzsteigerung erforderlichen hohen Investitions- und damit Fixkosten nur über eine Steigerung des Produktionsvolumens (Stückzahl) bei wettbewerbsfähigen Preisen untergebracht  werden können;  
--  weil makroökonomisch bei gleichbleibender Stückzahl und gesunkenen Stückkosten die monetären Gesamtkosten (= Stückzahl x Stückkosten) sinken. Die Gesamtkosten entsprechen dem Gesamteinkommen. Mit dem gesunkenen Gesamteinkommen sinkt auch die Nachfrage.
     Diese gesunkene Nachfrage aber richtet sich heute an jenes Angebot, das gestern noch mit höheren Stückkosten hergestellt wurde. Die vordem hergestellten Stücke können so nicht einmal kostendeckend verkauft werden.